Südvorstadt für alle: Wo ist die Beteiligung? Wo ist das Gespräch zu einer alternativen Kalkulation?

//UPDATE 12. August 2024:
Vertagung von „Südvorstadt für alle“: In der Juni-Sitzung der Ratsversammlung wurden die Informationsvorlage der Stadtverwaltung und der Änderungsantrag von Die Linke, Bündnis ’90/ Die Grünen und SPD vertagt. Die Gründe dafür sind unbekannt.
Wir schauen gespannt auf die folgenden zwei Termine:
14.08.2024: Einladung der LWB zur Sitzung des Stadtbezirksbeirat Süd
21.08.2024: Ratsversammlung: Wir hoffen, dass „Südvorstadt für alle“ als Tagesordnungspunkt endlich aufgerufen werden wird. Es wäre der Nachholtermin vom abgesetzten Punkt im Juni, jedoch taucht „Südvorstadt für alle“ bislang nicht in der Tagesordnung auf. //

// UPDATE 17. Juni 2024:
Am 18./19.06.2024 wird in der Ratsversammlung ein Änderungsantrag von Die Linke, Bündnis ’90/ Die Grünen und SPD eingebracht werden. Dabei geht es um: a) die Prüfung der Kalkulationen der LWB durch ein externes Gutachten, b) Erstellen einer alternativen Kalkulation, c) Moderation durch das Netzwerk Leipziger Freiheit, d) eine Konkretisierung der Anzahl von Sozialwohnungen nach der Modernisierung sowie e) um einen zu installierenden Sanierungsrat. Es besteht die Hoffnung, dass das Projekt doch noch nicht abgesägt ist (wie die LVZ am 08.06.2024 voreilig titelte) und dass die notwendige Transparenz endlich möglich wird. Der oben genannte Änderungsantrag bezieht sich auf die hier im folgenden kommentierte Informationsvorlage der Stadtverwaltung. //


Im Mai 2024 wurde eine Informationsvorlage zu „Südvorstadt für alle“ im Ratsinfosystem hochgeladen. Wir werten es als eine Antwort auf unsere Nachfragen in der Einwohnerfragestunde im Stadtrat im Februar 2024 und als Statement der LWB und Stadtverwaltung zum bisherigen Prozess. Die Informationsvorlage stellt für uns, als Mieter*innen und Stadtteilinitiative, ein ernüchterndes, ja enttäuschendes Papier dar. Insbesondere weil damit die vom Stadtrat beschlossene und in einem Workshop mit der LWB zusammen erarbeitete Perspektive auf ein kooperatives Verfahren, bei dem auch Expert*innen außerhalb der LWB eingebunden werden sollten, scheinbar eine Absage erteilt wird.

Neben der Frage zum Verfahren, stellt sich weiterhin die Frage nach den Neuvermietungspreisen nach einer Sanierung, wie sie die LWB projektiert. Zuletzt war die Rede von circa 16 €/qm Kaltmiete -wir stellen uns etwas anderes unter kommunaler Wohnraumversorgung vor!

Wir stehen weiterhin mit unseren Expert*innen bereit, unsere alternative Kalkulation mit entsprechendem Sanierungskonzept gemeinsam mit der LWB durchzugehen und nach Lösungen für einen sozial-ökologischen Ansatz zu suchen – doch ist in der Informationsvorlage keine Rede mehr davon!

Folgend wollen wir die Informationsvorlage aus unserer Sicht zusammenfassen und kommentieren:

1.) Verweigerung von Transparenz und Austausch zu alternativer Kalkulation

LWB hat drei Kalkulationen allein dem OBM und der Verwaltung vorgelegt. Es wurden weder Netzwerk Leipziger Freiheit, SBB Süd, noch Wissenschaft dafür einbezogen, wie im Ratsbeschluss eigentlich gefordert. Die Kalkulationen der LWB werden von Fachleuten als sehr hoch eingeschätzt (gehobener Eigenheimstandard). Eine Aussprache dazu und das Einholen auch externer alternativer Kalkulationen war zugesagt durch den OBM in der Ratsversammlung im Februar 2024 (Videoausschnitt zum liz-Bericht, insbes. die Ausschnitte mit OBM Burkhard Jung:  10’00“-10’35“, 12’15“-12’55“ sowie 14’15“-15’04“). Ein Gespräch hat bislang nicht stattgefunden, ebenso wenig sind alternative Kalkulationen eingeholt oder bestehende extern evaluiert worden. Das ist unverständlich, da zu hohe Kosten als eine der wesentlichen Schwierigkeiten der Sanierung und des Modells benannt werden. Außerdem wurden laut Informationsvorlage allein die Maximalforderungen (100% KdU-Wohnungen) als Varianten von der LWB berechnet – und schließlich abgelehnt. Mehr auf Lösung und Kompromiss orientierte Ansätze würden verschiedene Stufen und Teilziele bei der Berechnung berücksichtigen und vor allem auch die Rücksprache mit allen Beteiligten!

2.) LWB wehrt kooperatives Verfahren ab

Die von uns vorgeschlagenen Expert*innen mit einer preiswerteren Kalkulation und einem alternativen Sanierungsmodell werden nicht angehört bzw. der in der Einwohneranfragestunde zugesagte Termin (siehe obiger Link, Antwort auf Tobias Peters Frage: ab 12’15“) verhindert. Wir wünschen uns, dass OBM Burkhard Jung, als Vorsitzender der Gesellschafterin, hier uns aktiver gegenüber der LWB-Geschäftsführung unterstützt. Die LWB-Geschäftsführung hat sich, unserer Ansicht nach, spätestens nach einem Workshop im November 2022 aus dem kooperativen Verfahren und Gesprächen mit uns weitgehend herausgezogen. Ein Dialog war schwer möglich, an einer kooperativeren Unternehmenskultur in der LWB müsste unserer Ansicht nach aktiv gearbeitet werden – nicht zuletzt weil hier Mieter*innen selbst Vorschläge eingebracht haben und sogar Fördertöpfe (Deutsche Umwelthilfe) der Stadt Leipzig zugänglich gemacht haben! – Das in der Informationsvorlage angesprochene einseitige Informationsgespräch stellt keinen adäquaten Ersatz für ein kooperatives Verfahren, wie es der Stadtrat beschlossen hat, dar. 

3.) Klimaneutralitätsmetropole Leipzig tut sich schwer eine klimagerechte Sanierung im Modell zu erproben

Mit „Südvorstadt für alle“ sollten neue, auch experimentelle Ansätze in der Sanierung ausprobiert werden, um neue Standards für die Zukunft von Leipzig und darüber hinaus zu erarbeiten. Der Verweis auf etwaige andere künftige Projekte mit der Deutschen Umwelthilfe ist ein schwacher Versuch den politischen Willensbildungsprozess des Stadtrats im Fall von „Südvorstadt für alle“ umzusetzen. Es wird damit auch eine Chance vertan, die notwendige Transformation zum klimagerechten Wohnen auf eine breitere gesellschaftliche Basis zu stellen. Dies hätte ein kooperativer Prozess mit den o.g. Beteiligten leisten können, wurde aber bislang – unserer Wahrnehmung nach – abgewehrt. Beim Thema klimagerechte Sanierung spielt außerdem nicht allein die Wärmewende (wie in Informationvorlage: Fernwärmenetz) eine Rolle, sondern auch weitere Aspekte, wie graue Energie, nachhaltige Materialien, Klimaanpassungsmaßnahmen u.a., die mit der in der Informationsvorlage genannten „Prüfung einer niedrigschwelligen Sanierung“ unzureichend und sehr unkonkret bleiben. Und: Klimagerechtes Wohnen geht nur mit sozialem Wohnungsbau einher. Dass die Inanspruchnahme von Fördermitteln lediglich geprüft werden soll – statt eine Mindestquote festzulegen – enttäuscht desweiteren.

4.) Wir stehen weiter für Gespräche und Kooperation mit der LWB, der Stadtverwaltung, Netzwerk Leipziger Freiheit, Stadtbezirksbeirat Süd und Wissenschaft bereit

„Südvorstadt für alle“ beschlossen – aber wie weiter?

Der Stadtrat beschloss am 18. Oktober 2023 das Modellprojekt „Südvorstadt für alle“. 3559 Leipziger*innen haben zuvor die gleichnamige Petition für bezahlbaren und ökologisch sanierten Wohnraum im Leipziger Süden unterzeichnet. Die Erstellung eines Umsetzungskonzepts für ein Modellprojekt sollte unter Einbezug verschiedener Akteure angegangen werden. Hier sehen wir Defizite.

Kommentar#1 „Südvorstadt für alle“

Mieter*innen und die Initiative Vernetzung Süd haben Baubürgermeister Thomas Dienberg am 18.10.2023 die erfolgreiche Online-Petition „Südvorstadt für alle“ im Vorfeld des anstehenden Stadtratsbeschlusses über den Antrag „Südvorstadt für alle“ überreicht. Ziel von Petition wie Ratsantrag ist es, 105 LWB-Wohnungen im Leipziger Süden in einem Modellprojekt klima- und denkmalgerecht zu sanieren und als bezahlbaren Wohnraum für Menschen mit geringen Einkommen zu erhalten.

Kurz nach der Übergabe der Petition hat der Leipziger Stadtrat mit Stimmen von Die Linke, Bündnis ’90/Die Grünen und SPD den vom Stadtbezirksbeirat Süd (SBB Süd) eingebrachten Ratsantrag „Südvorstadt für alle“ beschlossen. Ein Erfolg, auf den Mieter*innen und andere Aktive jahrelang hingearbeitet haben. Auch der Leipziger Ableger des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Ökolöwe Leipzig e.V. und der DGB Leipzig/Nordsachsen unterstützen das Anliegen. Die Unterstützer*innen sagen, dass soziale und ökologische Nachhaltigkeit nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen, sondern zusammen gedacht und angepackt werden müssen. Dafür fehlt es vielen Städten noch an Expertise und es müssen die Rahmenbedingungen erst auf Bundes- und EU-Ebene geschaffen werden. Ein Modellprojekt in Leipzig könnte dabei eine Pionierrolle einnehmen und ein Beispiel geben, wie wir den Gebäudesektor klimafit bekommen. Es gilt schließlich bundesweit einen immensen Sanierungsstau in den Baualtersklassen 1950-1970 anzugehen und dabei auch den immer noch stockenden sozialen Wohnungsbau neu zu beleben!

 „Wir als BUND Leipzig unterstützen die Petition, weil hier Mieter*innen von sich aus einfordern, dass das Soziale mit dem Ökologischen bei der Sanierung unbedingt verknüpft werden muss. Das ist eine konstruktive und zukunftsgerichtete Forderung. Genau diese Impulse braucht Leipzig, damit sie dem Titel als eine von 100 Klimakommunen in der EU auch gerecht wird. Ein Modellprojekt für diese im Fachjargon genannten „Worst-Performing-Buildings“ könnte auch überregional Maßstäbe setzen. Denn der Bau- und Wohnungssektor ist einer der Bereiche, in dem – von der Produktion von Baustoffen angefangen bis hin zum Wärme- und Energie-verbrauch der Mieter*innen – künftig noch viel CO2-Ausstoß verhindert werden kann. Der BUND hat in den letzten Jahren auch immer wieder Vorschläge und Studien veröffentlicht, wie sozialer Klimaschutz in Mietwohnungen besser funktionieren könnte. Die Konzepte stehen bereit, jetzt muss die Politik handeln!“

Martin Rebmann (stellvertretender Vorsitzender BUND Leipzig) in der Pressemitteilung der Initiative vom 17.10.2023

Was der Stadtrat beschlossen hat

Vom ursprünglichen Antrag des Stadtbezirkbeirates Süd im Juni 2022 bis zum Ratsbeschluss im Oktober 2023 vergingen 16 Monate. Wir warteten seit Oktober 2022, nach einem gemeinsamen Workshop mit LWB, Stadtverwaltung und Fachplaner*innen, lange auf die Veröffentlichung eines Verwaltungsstandpunktes und nutzten diese Zeit, um mit der gleichnamigen Petition an die breitere Öffentlichkeit zu gehen. Der Ratsbeschluss vom 18.10.2023 lautete dann nach dieser langen Wartezeit wie folgt:

Die Stadtverwaltung wird beauftragt, auf die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB) dahingehend einzuwirken, dass bei der Sanierung der Wohngebäude Koch-straße 13-15, Kochstraße 59-63 sowie August-Bebel-Straße 81-83 behutsame klima- und sozialgerechte Ansätze sowie mögliche Förderungen berücksichtigt werden. Bis zum 31. Dezember 2023 ist dazu ein Umsetzungskonzept zu erarbeiten, an dem LWB, Stadtverwaltung, Netzwerk Leipziger Freiheit, Stadtbezirksbeirat Süd und Wissenschaft (z.B. HTWK Leipzig) beteiligt sind. Zusätzlich kann ein Sanierungsrat aus der An-wohnerschaft und Personen mit relevanten Fachkenntnissen einberufen werden.“

Originaltext im Ratsinfosystem der Stadt Leipzig

Es wurde am 18.10.2023 also NOCH NICHT ein fertiges Modell zur sozialen, ökologischen und denkmalgerechten Sanierung der stadteigenen Wohnblöcke (Kochstr. 13/15, Kochstr. 59/61/63, August-Bebel-Str. 81/83) beschlossen. Sondern: Der Beschluss besagt, dass erstmal geprüft werden soll, ob und wie das Soziale (preiswerte Mieten, bis max. 6,50 €/qm) mit dem Ökologischen (Wärmewende, kreislaufwirtschaflicher Ansatz u.a.) und dem Denkmalpflegerischen (behutsame, keine „Plastik“-Sanierung) in einer Sanierung sich vereinbaren ließe. Und: Ob die LWB bereit ist hier auch mal andere, neue Wege in der Sanierung zu gehen. Ein wichtiger Faktor wird aber auch die Suche nach zusätzlichen Fördermitteln und Förderprogrammen sein, um das Modellprojekt zu finanzieren. Im Ratsbeschluss steht, dass bei der Erarbeitung des Umsetzungskonzepts mehrere Akteure einbezogen werden sollen: LWB, Stadtverwaltung, Stadtbezirksbeirat Süd und das Beratungs-Netzwerk Leipziger Freiheit sowie Expert*innen aus der Wissenschaft.

Wie weit ist das Umsetzungskonzept?

Nachdem der Stadtrat die Erarbeitung eines Umsetzungskonzepts für ein Modellprojekt „Südvorstadt für alle“ beschlossen hatte, zeichnete sich vor dem Jahreswechsel 2023/24 ab, dass zuerst die LWB – jedoch allein – am Konzept arbeitete. Die ursprüngliche Frist vom 31.12.2023 war sehr kurz angesetzt und konnte nicht eingehalten werden. Die LWB signalisierte aber mittlerweile der Stadtpolitik, dass offen ist, wie ein solch angedachtes Modellprojekt finanziert werden solle. Von bis zu zehn Millionen Mehrkosten ist die Rede, erfuhren wir mittlerweile aus einem LVZ-Artikel vom 08.02.2024 (Link mit paywall).

Zum ursprünglich arbeitsteiligen und kooperativen Verfahren, wie das Umsetzungskonzept erstellt werden sollte, ist im LVZ-Artikel nichts zu lesen. Das Netzwerk Leipziger Freiheit, der SBB Süd und Vertreter*innen aus der Wissenschaft sind unserer Kenntnis nach bisher nicht mit einbezogen worden.

Wovon genau die Entwürfe der LWB für ein Umsetzungskonzept ausgehen, ist im Moment nicht für alle Beteiligten nachvollziehbar. Für uns als Initiator*innen bleibt es intransparent und somit schwer einzuschätzen. Aber wir waren in der Zwischenzeit nicht untätig und haben selbstständig neue Perspektiven eröffnet.

Kommentar#2 „Südvorstadt für alle“

Was wir in der Zwischenzeit gemacht haben

Eine Reihe von Architekt*innen, Bauingenieur*innen, Kommunalberater*innen sowie andere Mieter*innengemeinschaften in Leipzig und darüber hinaus interessieren sich mittlerweile sehr für den Modellprojektvorschlag „Südvorstadt für alle“. Ihnen liegt daran, klimagerecht zu sanieren, ohne dass Mieter*innen mit weniger Geld das Nachsehen haben. Das Ziel muss unserer Ansicht nach sein, Expert*innen wie sie einzubinden und von ihren Erfahrungen zu profitieren. Der Ratsbeschluss ermöglicht es weitere Expert*innen hinzuziehen.

Eine gute Möglichkeit wäre das Forschungsprogramm BauKlima Kommunal von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in Kooperation mit der TU München. Wir selbst kontaktierten im Dezember 2023 die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und konnten sie für das Projekt interessieren. Wir informierten daraufhin LWB, Stadtverwaltung und Stadtpolitik und fragten sie: Wie können wir das Forschungsprogramm BauKlima Kommunal mit in den Prozess einbinden? Sind LWB und Stadt Leipzig dafür bereit? – Auf eine Antwort warten wir noch.

Die LWB hatte mittlerweile Tatsachen geschaffen, die das Modellprojekt schrumpfen lässt: In der Kochstr. 13/15 beginnen bereits die Sanierungsvorbereitungen, die Bestandsmieter*innen ziehen in Ausweichwohnungen, die Bautätigkeiten beginnen Mitte des Jahres. Dies hat die LWB unabhängig vom Ratsbeschluss vorangetrieben. Das heißt, dass von den ursprünglich 105 Wohnungen nur noch 75 Wohnungen in der August-Bebel-Str. 81/83 und Kochstr. 59-63 für  die Idee des Modellprojekts übrigbleiben. Dass die LWB damit den Ratsbeschluss überging, fiel bislang leider noch niemandem auf bzw. wurde dies bislang nicht öffentlich thematisiert – auch nicht in der Ratsdebatte im Januar. Siehe dazu den Bericht von der Leipziger Zeitung vom 29.01.2023.

Kommentar#3 „Südvorstadt für alle“

Wie soll es weitergehen?

Was bereits vor der Stadtratsdebatte am 18.10.2023 augenscheinlich geworden ist: Es gibt unterschiedliche Sichten darauf, wie sehr sich Bürger*innen bei Entscheidungen einer städtischen Wohnungsgesellschaft wie der LWB einbringen können und sollten. Besonders in einer Situation, in der eine Finanzierung von sozial-ökologischen Projekten herausfordernd ist. Das macht das Anliegen aber nicht weniger wichtig, im Gegenteil. Wir sind für Transparenz und Beteiligung und sehen es kritisch, dass die LWB in ihrem Aufsichtsrat noch vor dem Stadtratsbeschluss am 18.10.23 eine Sanierung der drei Häuser – ohne Modellprojektcharakter – beschlossen hat. Sie kalkulierte die Mieten für rund 60% der Wohnungen in den drei Häusern in der Südvorstadt auf über 16 €/qm kalt. Der Preis für die Neuvermietungen ist also äußerst hoch – und hat selbst in luxuriöseren Bauten Leipzigs bislang kaum Beispiele. Bei den rund 40% bewohnten Wohnungen sieht es preislich um einiges besser und sozialer aus. Den Altmieter*innen wird für die Sanierungszeit eine Ausweichwohnung angeboten. Das Mietrecht schreibt vor, dass in angespannten Wohnungsmärkten eine maximale Modernisierungsumlage von 2 €/qm Kaltmiete möglich ist. Da die Altmieter*innen noch relativ günstig mieten, erhöht sich die Miete nach Rückzug in die alte, modernisierte Wohnung für die meisten auf circa 6 €/qm Kaltmiete. Auch wenn es an anderer Stelle noch fehlt, sehen wir in Bezug auf die jetzigen Bestandsmieter*innen noch den größten Kooperationswille bei der LWB: Die Rechte der Mieter*innen werden immerhin gewahrt – was in vielen anderen Sanierungsfällen nicht gang und gäbe ist.

Doch aus Sicht unserer Stadtteilinitiative bleibt demgegenüber die weitaus teurere Neuvermietung der restlichen über 60 Wohnungen (derzeit leerstehend), in einem von Gentrifizierung stark geprägten Stadtteil wie der Südvorstadt, der große Widerspruch. Es widerspricht in vielen Punkten dem Wohnungspolitischen Konzept der Stadt Leipzig und den Eigentümerzielen der LWB. Und in Bezug auf die Klimapolitik drängt sich weiterhin die Frage auf, die in den nächsten Jahren noch viele Mieter*innen betreffen wird: Wie kann die ökologisch notwendige Transformation im Gebäudesektor ohne Verdrängung der Mieter:innen aus ihren Häusern, aber auch nicht aus ihren Stadtteilen geschehen?! Wie kann die Segregation nach Einkommensklassen und Stadtteil verhindert werden? Welche Hebel hat da auch die Kommunalpolitik auf die Landes- und Bundespolitik? Wir wünschen uns, dass darüber debattiert wird, dass die Stadt Leipzig auch Expertise von außen dazuholt und die LWB sich für transparente und kooperative Prozesse bereit macht. Mit der Modellprojektidee „Südvorstadt für alle“ hat die Debatte schon begonnen. Sie könnte unseres Erachtens aber viel kundiger sein, aber auch kritischer und vor allem mit neuen Ideen bereichert!

Wir fordern…

Wir fordern, dass der Stadtratsbeschluss vom 18.10.2023 so transparent und kooperativ wie möglich umgesetzt wird. Denn der Druck auf die Mieter*innen hält im angespannten Mietmarkt an und die Notwendigkeit klimagerechter Sanierung bleibt bestehen – in der Südvorstadt, in anderen Stadtteilen Leipzigs und noch weit darüber hinaus!

P.S.: Aktuell läuft zu „Südvorstadt für alle“ eine Einwohneranfrage an den Stadtrat. Wir erhalten eine schriftliche Antwort bis 26.02. und können am 28.02. (ca. 17 Uhr) in der Ratsversammlung mündlich Nachfragen stellen.

Einladung zum Workshop: Kommunale Wohnungsunternehmen – am Beispiel Leipzig & Frankfurt a. Main

Workshop

Ort: Café im Haus der Demokratie, Bernhard-Göring-Str. 152, 04277 Leipzig

Zeit: Einlass: 14:45 Uhr , Start: 15:00 – 19:00 Uhr (mit Pause)

Teilnahme: Zur besseren Vorbereitung bitten wir um Voranmeldung bis 23.11. unter: vernetzung-sued[at]protonmail[point]com

Inhalt:

Wohnen: kommunal und sozialkommunale Wohnungsunternehmen zum Teil der Lösung machen! Was können wir in Leipzig aus den Mietenkämpfen in Frankfurt am Main lernen?

Zuerst fragten sie laut und provokativ „Wem gehört die ABG?“ – und schafften es, damit 2016 einen Mietenstopp beim kommunalen Wohnungsunternehmen in Frankfurt am Main durchzusetzen. Kurz darauf startete die Frankfurter Mieter*innenbewegung einen „Mietentscheid“ – ein Bürgerbegehren, um die Mieten bei der ABG abzusenken und erschwinglich zu halten. Sie gaben konkrete Antworten auf die Wohnungskrise. Was mit viel Elan und Unterstützung ins Rollen gebracht wurde, scheiterte aber (vorerst) an Verwaltungsvorschriften… 

Wir wollen im ersten Teil der Veranstaltung in zwei Kurzvorträgen die beiden kommunalen Wohnungsgesellschaften in Leipzig (LWB) und in Frankfurt am Main (ABG) miteinander vergleichen und verstehen lernen. In einem zweiten Workshopteil wollen wir mit Euch gemeinsam diskutieren, wie kommunale Wohnungsunternehmen zur Lösung der Wohnungsfrage beitragen können und gemeinsam erarbeiten, welche politischen Ansätze dafür geeignet wären. 

Als Gast aus Frankfurt am Main haben wir Conny Petzold eingeladen. Sie ist Politikwissenschaftlerin, Aktivistin beim Frankfurter Mietentscheid & arbeitet bei Mieter helfen Mietern e.V.  Frankfurt am Main.

Eine Veranstaltung vom Netzwerk Leipzig – Stadt für alle, der Nachbarschaftsinitiative Musikviertel und der Stadtteilinitiative Vernetzung Süd in Kooperation mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen

Veranstaltungstipp: Podiumsdiskussion zur Mietpreispolitik der LWB am 27.10.

Solidarisch oder polarisierend? Die Mietpreispolitik der LWB – Hintergründe, Notwendigkeiten, Konsequenzen

Podium und Diskussion mit: Andreas Dohrn (Aufsichtsrat/LWB), Prof. Dr. Dieter Rink (Stadt- und Umweltsoziologie, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig), Carsten Möller, Miriam Paulsen (LWB-Mieter*innen), Moderation: Manuela Grimm (DGB Leipzig-Nordsachsen).

Freitag, 27.10.2023, 18:00-20:00 Uhr Volkshaus Leipzig, Karl-Liebknecht-Str. 30/32, 04107 Leipzig, Erich-Schilling-Saal (5. Etage)

Die Mietererhöhungen des kommunalen Wohnungsunternehmens LWB erhitzen die Leipziger Gemüter. Das Unternehmen selbst verteidigt seine jährlich über 6000 Erhöhungen auf Grundlage des qualifizierten Mietspiegels als solidarisches Modell: Das Einnahmewachstum soll Stadtteilen mit geringerer Vergleichsmiete zu Gute kommen und sei für die Bewältigung der Sanierungs- und Neubauvorhaben des Unternehmens nötig. Kritiker:innen der systematischen Erhöhungspraxis argumentieren, dass auf diese Weise Stadtteile gegeneinander ausgespielt, die Stadtgesellschaft gespalten und Geringerverdienende aus ihren innerstädtischen Quartieren verdrängt werden. Sie berufen sich auf das vom Stadtrat 2018 beschlossene Integrierte Stadtentwicklungskonzept (INSEK), dessen Ziel eine soziale Mischung in allen Wohnquartieren ist. Daher fordern sie, dass die LWB als städtisches Tochterunternehmen ihre Geschäftspraxis an dieser Prämisse ausrichtet. In der Podiumsdiskussion werden ein:e Unternehmensvertreter:in der LWB, zwei Mieter:innen und der Stadtsoziologe Dieter Rink gemeinsam das Für und Wider der Erhöhungspraxis diskutieren, Hintergründe, Notwendigkeiten und Konsequenzen dieses Vorgehens beleuchten und nach einer für alle Seiten gangbaren Lösung suchen.

Veranstaltet von: Netzwerk „Leipzig – Stadt für alle“ und DGB Leipzig-Nordsachsen