Wir kartieren Eigentümerstrukturen und Mieterverdrängung in Leipzig- Connewitz und Leipzig-Südvorstadt. Die Kritische Karte ist ein gemein-schaftliches Projekt von Krikkel (Kritisches Kartenkollektiv Leipzig) und Vernetzung Süd. Die Karte findet sich hier auf unserem Blog (siehe auch: Menü oben)!
Seit 2018 beobachten, recherchieren und dokumentieren wir aktiv die ein-schneidenden Veränderungen in Connewitz. Zum Teil auch Südvorstadt. Wir sammeln Informationen über die zahlreich entstehenden Neubauten und über die dort angebotenen Wohnungen: Das sind Informationen über die Verkaufs-preise der neu gebauten Eigentumswohnungen, ihre Ausstattungsmerkmale sowie Informationen über die später dort angebotenen Mieten. Außerdem interessieren uns die dahinter stehenden Eigentümerstrukturen bei den Neubauten: Wer investiert, in welcher Absicht, mit welcher Rechtsform im Hintergrund und mit welchem Kapital?
Doch es geht uns nicht nur um die teuren Neubauten („Verdrängungsbauten“), sondern auch um die zunehmenden Fälle, in denen Menschen wegen Sanierung und Entmietung, wegen nicht enden wollender Mietpreissteigerungen, wegen Eigenbedarfskündigung oder gar Zwangsräumung aus ihren Wohnungen nach und nach gedrängt werden.
Als Stadtteilvernetzung für Mieter*innen in Connewitz und Südvorstadt wollen wir mit Betroffenen von Verdrängung direkt in Kontakt kommen, sie unter-stützen, sie empowern ihre Sache auch öffentlich zu verhandeln (wenn möglich) und sich mit anderen Betroffenen zu vernetzen und zu beraten. Ziel ist es, dass die vielen Geschichten von Verdrängung ein Gesicht bekommen, zumindest eine Hausnummer. Ein Teil davon ist die Stadtteildoku.
Wir wollen mit den Mieter*innen und Stadtteilbewohner*innen zusammen den Prozess mithilfe der Stadtteildoku noch besser dokumentieren. Um schließlich politisch handlungsfähiger zu werden! Kommt deshalb gern auf uns zu, wenn Euch etwas auffällt, ihr Infos habt oder Nachbar*innen unterstützen wollt!
Die Karte wird fortlaufend aktualisiert. Je mehr Leute daran mitarbeiten, umso besser! Sprecht uns gern an: vernetzung-sued [at] protonmail.com
Zu den Housing Action Days in Leipzig werden in der Woche nach Ostern zahlreiche Veranstaltungen zum Thema Recht auf Wohnen und Recht auf Stadt organisiert.
In Connewitz und Südvorstadt haben wir das mit koordiniert und werden am Sonntag, den 7. April, circa 12-17 Uhr, von der Thierbacher Str. 6 über mehrere Stationen auf der Wolfgang-Heinze-Straße (Wolle43, Leika, AWC) bis zum Connewitzer Kreuz (Vernetzung Süd) sowie in der Südvorstadt in der Fichtestraße (Mietshaus Nähe Kochstr.) und im „Südvorstadt für alle“-Block Kochstr. 59-63 informieren, in Austausch kommen und hoffentlich Zeichen für solidarische Nachbarschaften in Zeiten einer sich zuspitzenden Wohnungskrise setzen!
Das gesamte Programm in Connewitz/Südvorstadt, als auch und in den anderen Stadtteilen, der Housing Action Days in Leipzig, vom 2.-7. April, findet Ihr ausführlich unter: https://leipzigfueralle.de
Wir empfehlen zur besseren Orientierung auch die Online-Karte von den Initiator*innen der Housing Action Days auf europäischer Ebene, der European Action Coalition for the Right to Housing and to the City. Einfach mal schauen, was in den Nachbarstädten und -ländern dazu gemacht wird oder direkt nach Leipzig reinscrollen und vorbeikommen!
Wir blicken gespannt auf das genossenschaftliche Neubauprojekt zwischen Herderpark und Kronenpark in Connewitz. Es ist seit Jahren – und nach über 1000 neugebauter teurer, exklusiver Wohnungen im Stadtteil – das erste (!) Neubauprojekt, das in größerer Zahl leistbaren Wohnraum im Stadtteil schaffen möchte! Außerdem möchte die im Stadtteil verankerte Gruppe (mittlerweile Genossenschaft) öffentliche Räume (Kantine) herstellen und besonders auf Nachhaltigkeit und Barrierefreiheit achten. Wir empfehlen Euch deshalb folgende Veranstaltung:
LEIKA – SOZIALER NEUBAU FÜR CONNEWITZ , Dienstag, 09.01., 19:30 Uhr, im UT Connewitz, Wolfgang-Heinze-Str. 12a, 04277 Leipzig.
Offizieller Einladungstext:
„In der Wolfgang-Heinze-Str. 29 werden bis 2027 eine Kantine und 36 Wohnungen – mehr als die Hälfte davon Sozialwohnungen gebaut. Auf 5 Etagen soll so Wohnraum für Haushalte mit geringem Einkommen entstehen. Die Architektur ist barrierefrei gestaltet und der Bau wird möglichst nachhaltig sein. Wo sind die Herausforderungen? Was können Konzeptverfahren und Genossenschaften? Und kann Leika ein stadtpolitisches Problem lösen?
Wir laden euch ein, um mit zu dieser Veranstaltung ein, über den genossenschaftlichen Neubau neben dem Herderpark zu sprechen, Nachfragen zu stellen und Bedenken zu äußern!“
Das Haus Thierbacher Str. 6 im Frühjahr 2021, Plakataktion Vernetzung Süd
Das Wohnhaus in der Thierbacher Straße 6 wird seit 20 Jahren wieder bewohnt. Die Menschen im Haus organisieren sich seit längerem als Hausprojekt ohne das Haus selbst zu besitzen. Das Haus ist seitdem in Besitz eines privaten Eigentümers, welcher noch weitere Häuser in Leipzig erwarb. Die Thierbacher Straße 6 ist vielen Menschen in Connewitz und über die Stadtteilgrenzen hinweg ein Begriff. Die hier vorherrschenden Probleme breiten sich auch an anderen Orten der Stadt aus und müssen gehört werden!
Seit längerer Zeit versuchen die Mieter*innen des Hauses bestehende Mängel im Wohnraum und am Haus durch Forderungen gegenüber dem Hausbesitzer geltend zu machen. Infolgedessen wurden bspw. defekte Warmwasserboiler über Wochen nicht ausgetauscht, ein Teil des Daches musste auf eigene Kosten saniert werden, da dort dauerhaft Regen eindrang, die Schornsteine sind marode und können nicht mehr begangen werden, wobei hier Gefahr in Verzug ist und ein Bad war ca. 3,5 Jahre aufgrund von Baumängeln nicht mehr nutz- und begehbar – um nur einige eklatante Probleme zu nennen. Das liegt jedoch augenscheinlich nicht im Interesse des Eigen- tümers, sondern in dem der Mieter*innen. Deshalb werden seit Jahren Instandhaltungsmaßnahmen und die Wohnungsorganisation eigenständig durch die Bewohner*innen bewerkstelligt.
Dies hat allerdings wenig mit selbstbestimmten bzw. selbstverwaltetem Wohnen zu tun, da seitens des Eigentümers keine Kooperation besteht und anfallende Kosten selbst getragen werden müssen. Im Frühjahr 2015 entschied sich die Hausgemeinschaft, dem Eigentümer ein erstes Kaufangebot zu unterbreiten, was jedoch ohne Resonanz blieb.
Vorherige Modernisierungsankündigungen bzw. Kündigungen konnten aufgrund von formellen Fehlern abgewandt werden. Im Juni 2018 fand dann jedoch eine Modernisierung (Fenster, Fassade, Dach, Balkone) statt. Das finanzielle Resultat daraus war eine pauschale Mieterhöhung von ca. 530€ pro Wohnung, was absolut untragbar für die darin leben- den Menschen ist!
Kundgebung kurz vor Beginn der Bauarbeiten, Sommer 2018
Seit einigen Jahren wird außerdem über Gerichtsprozesse versucht die Behebung der bestehenden Mängel einzuklagen. Ein knappes Jahr hat die Durchführung der Modernisierung im bewohnten Zustand und nach Maßstäben des Eigentümers gedauert. Das kostete die Mieter*innen viele Strapazen: Kein warmes Wasser über Monate, seit Jahren Bleileitungen, einsturzgefährdete Decken, Baulärm, Gerichtsprozesse, Baumfällarbeiten und Verwüstungen des Gartens, etc.
Nach Abschluss der Modernisierung konnten jedoch einige Mängel erfasst werden. Das waren zum Beispiel: Dach nicht innen gedämmt, keine Dämmung der Gaupen, keine Fensterbretter, kein Überputzen, kein Streichen, eingebaute Rollläden nicht nutzbar, Kabel hängen aus der Wand, Aussparungen in der Fassade für neue, nicht eingebaute Fenster, mit neuen Gaupen zugebaute Fenster, defekte Öfen, Heizen teilweise unmöglich. Deswegen zahlten die Bewohner*innen die Modernisierungsumlage zunächst unter Vorbehalt.
Die folgenden Jahre forderten eine Menge Durchhaltevermögen, starke Nerven, viel kompetente Rechtsberatung, unzählige interne Plena und natürlich vor allem externe Solidarität, denn der Hauskampf frisst jede Menge Kraft, Zeit und Geld. Doch diese Form des Protestes ist die einzige Möglichkeit, um ein Zeichen zu setzen, dass es sich hierbei um ein strukturelles und kein individuelles Problem handelt!
Vermieter-Aktionen (Chronik I)
2013
Modernisierungsankündigung: erfolglos
2014
Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen/ Beauftragung einer externen Hausverwaltung: ungültig
Anfertigung von Grundriss durch Bauunternehmen zur Modernisierungsvorbereitung & Aufforderung zur Dachkammerberäumung: ungültig
2018
Modernisierungsankündigung & fristlose Kündigungen: Rechtswirksamkeit geprüft-ungültig Beginn Modernisierungsmaßnahme: mangelhaft
2019
Durchführung und „Abschluss“ der Modernisierung: Rechtswirksamkeit geprüft-ungültig/ Mieterhöhung durch Modernisierungsumlage: mangelhaft
2020
„Durchführung und Abschluss“ der durch die Klage rechtswirksamen Mängel „Anpassung“ der Mieterhöhung durch Modernisierungsumlage: Rechtswirksamkeit geprüft-ungültig weitere fristlose Kündigungen: mangelhaft aggressivere Entmietungstaktiken
2021bis heute
weitere „Durchführungen“ und „Abschlüsse“ von durch Klagen rechtswirksamen Mängel „Anpassung“ der Mieterhöhung durch Modernisierungsumlage: Rechtswirksamkeit geprüft-ungültig weitere fristlose Kündigungen: mangelhaft weitere aggressivere Entmietungstaktiken/ Zunahme von Qualität in seinen Aktionen
Mieter*innen-Aktionen (Chronik II)
ab 2013
Abwehr der Entmietungsversuche & Anfänge einer internen Projektstruktur
2014
Anwaltliche Unterstützung Abwehr einer Kündigung Beitritt zum Mieterverein Leipzig
2015
Wohnungsmängel dokumentiert und angezeigt Kaufangebot an Hausbesitzer Versuche, dem Hausbesitzer gegenüber Gesprächsbereitschaft zu signalisieren Kontakt zu anderen Projekten/Betroffenen zum Informationsaustausch
2016
Mitinitiator*innen der Häuservernetzung Entwurf erster Klageentwürfe Abwehr von Modernisierungsankündigungen/Kündigungen
2017
erneutes Angebot einer außergerichtlichen Klärung weitere Klageentwürfe werden formuliert und erste Gerichtsverfahren finden statt erste Klage auf bauliche Mängel wird gewonnen
2018
Widersprüche gegen Kündigungen Anwaltliche Prüfung der Modernisierungsankündigung auf Rechtskräftigkeit Weitere Klage auf bauliche Mängel wird gewonnen
2019
Soli-Aktionen & Spendensammeln für weitere Gerichtskosten Kundgebungen & umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit Weitere Klage auf bauliche Mängel & ungültige Mieterhöhung durch Modernisierungsumlage wird gewonnen
2020
Mängelbeseitigungsklagen & Klagen zur Prüfung der Rechtswirksamkeit der Modernisierung: Erfolg bei Gerichtsprozessen Intensiver Briefwechsel mit dem Vermieter und der Hausverwaltung Soli-Aktionen Umdenken der öffentlichen Strategien durch Corona
2021 bis heute
Klagen über Klagen (siehe 2020) Erfolg bei Gerichtsprozessen Intensiver Briefwechsel mit dem Vermieter und der Hausverwaltung Soli-Aktionen & enger Austausch mit anderen Projekten
An dieser Stelle 1000 Dank für den jahrelangen Support aus der Nachbarschaft! <3
Flyer zum Straßenfest am 16.09.2023
Selbstverständnis
Seit den 90er Jahren ist das Ziel der Leipziger Wohnungspolitik, einen attraktiven Wohnungsmarkt zu etablieren. Dadurch steigen seit Jahren in Leipzig die Mieten – die Löhne hingegen nicht. Dies führt sukzessive zu einer Verschlechterung der Wohnsituation Marginalisierter, Gering- oder Nichtverdienender sowie von Menschen, die keinen freien Zugang zum Wohnungsmarkt haben. In der Folge wird Menschen mit geringem bzw. keinem Einkommen zunehmend die Möglichkeit genommen, selbst-bestimmt Wohnraum zu mieten. Zudem haben circa ein Viertel der Leipzigerinnen in den letzten Jahren Mieterhöhungen bekommen, deren Begründung nicht selten Modernisierungsmaßnahmen waren. Ob Privatisierung, Entmietung, Verdrängung, Luxussanierung oder vermehrte Spekulation mit Wohnraum – all das sind momentan zu- nehmend Symptome einer kapitalistischen Organisation von Wohnen. Infolgedessen sollen Mieterinnen Luxussanierungen [oder auch moderaten bis ineffizienten Modernisierungen, Anm. Vernetzung Süd] weichen, weil sie nicht profitabel für den Vermieter sind.
Daher möchten wir unsere Situation an die Öffentlichkeit tragen, um uns mit Menschen, die von ähnlicher Repression betroffen sind zu solidari- sieren, um schlichtweg auf unsere Situation aufmerksam zu machen, Informationen zu teilen und um unseren Wohnraum zu schützen. Denn bezahlbares und selbstbestimmtes Wohnen ist ein Recht und kein Roh- stoff für Spekulation. Unser Ziel ist die Vernetzung von derzeitig und zukünftig betroffenen Projekten sowie mit Menschen, die sich mit uns solidarisieren und für soziale Freiräume jeglicher Art kämpfen möchten! Mieterhöhungen, Kündigungen von Mietverhältnissen, unverhältnis- mäßige Modernisierungsmaßnahmen, der Verkauf von Flächen, auf denen sich Wagenplätzen befinden, Räumungen, die Kriminalisierung von Besetzungen, Verdrängung aufgrund von Mietsteigerungen – das alles sind keine individuellen Probleme, sondern es sind die Probleme von allen!
Geht auf die Straße, bildet Kollektive zum Austausch, zur Vernetzung und zum Widerstand – niemand soll mit dieser Scheiße allein sein. Dabei sollten wir auch an Alleinerziehende, Senior*innen, prekarisiert lebende und wohnende Personen denken, an Menschen die illegalisiert wohnen, an Menschen, die gezwungen sind an Orte zu ziehen, wo offener Rassismus Alltag auf der Straße ist. Wir haben keine Lust auf Luxussanierung, keinen Bock auf Luxusbebauung, wir brauchen keine „Studienappartments“, keine Wohnparks, keine Tiefgaragen, keine Eigentumswohnungen, keine strukturelle Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt! Was wir brauchen und wollen ist vor allem bezahlbaren Wohnraum für alle, Mietpreisbremsen, Sozialwohnungen, Mitbestimmung bei Sanierung, Modernisierung und Bebauung, kollektive Wohnformen und mehr Freiräume, die wir so gestalten können, wie wir wollen. Werdet und seid weiter laut, wütend, trotzig und mutig, damit wir uns alle solidarisch Entmietungsprozessen und Verdrängung entgegenstellen können!!!
Politische und soziale Forderungen
Bezahlbaren Wohnraum!
Wohnraum in Selbstverwaltung und als Schutzraum!
Keine Spekulation mit Wohnraum!
Mitwirkung aller Menschen an Bauprojekten und Stadtentwicklung!
Generelle Mitbestimmung und Mitspracherecht!
Räume für politisches, soziales & kulturelles Miteinander!