Südvorstadt für alle: Wo ist die Beteiligung? Wo ist das Gespräch zu einer alternativen Kalkulation?

//UPDATE 12. August 2024:
Vertagung von „Südvorstadt für alle“: In der Juni-Sitzung der Ratsversammlung wurden die Informationsvorlage der Stadtverwaltung und der Änderungsantrag von Die Linke, Bündnis ’90/ Die Grünen und SPD vertagt. Die Gründe dafür sind unbekannt.
Wir schauen gespannt auf die folgenden zwei Termine:
14.08.2024: Einladung der LWB zur Sitzung des Stadtbezirksbeirat Süd
21.08.2024: Ratsversammlung: Wir hoffen, dass „Südvorstadt für alle“ als Tagesordnungspunkt endlich aufgerufen werden wird. Es wäre der Nachholtermin vom abgesetzten Punkt im Juni, jedoch taucht „Südvorstadt für alle“ bislang nicht in der Tagesordnung auf. //

// UPDATE 17. Juni 2024:
Am 18./19.06.2024 wird in der Ratsversammlung ein Änderungsantrag von Die Linke, Bündnis ’90/ Die Grünen und SPD eingebracht werden. Dabei geht es um: a) die Prüfung der Kalkulationen der LWB durch ein externes Gutachten, b) Erstellen einer alternativen Kalkulation, c) Moderation durch das Netzwerk Leipziger Freiheit, d) eine Konkretisierung der Anzahl von Sozialwohnungen nach der Modernisierung sowie e) um einen zu installierenden Sanierungsrat. Es besteht die Hoffnung, dass das Projekt doch noch nicht abgesägt ist (wie die LVZ am 08.06.2024 voreilig titelte) und dass die notwendige Transparenz endlich möglich wird. Der oben genannte Änderungsantrag bezieht sich auf die hier im folgenden kommentierte Informationsvorlage der Stadtverwaltung. //


Im Mai 2024 wurde eine Informationsvorlage zu „Südvorstadt für alle“ im Ratsinfosystem hochgeladen. Wir werten es als eine Antwort auf unsere Nachfragen in der Einwohnerfragestunde im Stadtrat im Februar 2024 und als Statement der LWB und Stadtverwaltung zum bisherigen Prozess. Die Informationsvorlage stellt für uns, als Mieter*innen und Stadtteilinitiative, ein ernüchterndes, ja enttäuschendes Papier dar. Insbesondere weil damit die vom Stadtrat beschlossene und in einem Workshop mit der LWB zusammen erarbeitete Perspektive auf ein kooperatives Verfahren, bei dem auch Expert*innen außerhalb der LWB eingebunden werden sollten, scheinbar eine Absage erteilt wird.

Neben der Frage zum Verfahren, stellt sich weiterhin die Frage nach den Neuvermietungspreisen nach einer Sanierung, wie sie die LWB projektiert. Zuletzt war die Rede von circa 16 €/qm Kaltmiete -wir stellen uns etwas anderes unter kommunaler Wohnraumversorgung vor!

Wir stehen weiterhin mit unseren Expert*innen bereit, unsere alternative Kalkulation mit entsprechendem Sanierungskonzept gemeinsam mit der LWB durchzugehen und nach Lösungen für einen sozial-ökologischen Ansatz zu suchen – doch ist in der Informationsvorlage keine Rede mehr davon!

Folgend wollen wir die Informationsvorlage aus unserer Sicht zusammenfassen und kommentieren:

1.) Verweigerung von Transparenz und Austausch zu alternativer Kalkulation

LWB hat drei Kalkulationen allein dem OBM und der Verwaltung vorgelegt. Es wurden weder Netzwerk Leipziger Freiheit, SBB Süd, noch Wissenschaft dafür einbezogen, wie im Ratsbeschluss eigentlich gefordert. Die Kalkulationen der LWB werden von Fachleuten als sehr hoch eingeschätzt (gehobener Eigenheimstandard). Eine Aussprache dazu und das Einholen auch externer alternativer Kalkulationen war zugesagt durch den OBM in der Ratsversammlung im Februar 2024 (Videoausschnitt zum liz-Bericht, insbes. die Ausschnitte mit OBM Burkhard Jung:  10’00“-10’35“, 12’15“-12’55“ sowie 14’15“-15’04“). Ein Gespräch hat bislang nicht stattgefunden, ebenso wenig sind alternative Kalkulationen eingeholt oder bestehende extern evaluiert worden. Das ist unverständlich, da zu hohe Kosten als eine der wesentlichen Schwierigkeiten der Sanierung und des Modells benannt werden. Außerdem wurden laut Informationsvorlage allein die Maximalforderungen (100% KdU-Wohnungen) als Varianten von der LWB berechnet – und schließlich abgelehnt. Mehr auf Lösung und Kompromiss orientierte Ansätze würden verschiedene Stufen und Teilziele bei der Berechnung berücksichtigen und vor allem auch die Rücksprache mit allen Beteiligten!

2.) LWB wehrt kooperatives Verfahren ab

Die von uns vorgeschlagenen Expert*innen mit einer preiswerteren Kalkulation und einem alternativen Sanierungsmodell werden nicht angehört bzw. der in der Einwohneranfragestunde zugesagte Termin (siehe obiger Link, Antwort auf Tobias Peters Frage: ab 12’15“) verhindert. Wir wünschen uns, dass OBM Burkhard Jung, als Vorsitzender der Gesellschafterin, hier uns aktiver gegenüber der LWB-Geschäftsführung unterstützt. Die LWB-Geschäftsführung hat sich, unserer Ansicht nach, spätestens nach einem Workshop im November 2022 aus dem kooperativen Verfahren und Gesprächen mit uns weitgehend herausgezogen. Ein Dialog war schwer möglich, an einer kooperativeren Unternehmenskultur in der LWB müsste unserer Ansicht nach aktiv gearbeitet werden – nicht zuletzt weil hier Mieter*innen selbst Vorschläge eingebracht haben und sogar Fördertöpfe (Deutsche Umwelthilfe) der Stadt Leipzig zugänglich gemacht haben! – Das in der Informationsvorlage angesprochene einseitige Informationsgespräch stellt keinen adäquaten Ersatz für ein kooperatives Verfahren, wie es der Stadtrat beschlossen hat, dar. 

3.) Klimaneutralitätsmetropole Leipzig tut sich schwer eine klimagerechte Sanierung im Modell zu erproben

Mit „Südvorstadt für alle“ sollten neue, auch experimentelle Ansätze in der Sanierung ausprobiert werden, um neue Standards für die Zukunft von Leipzig und darüber hinaus zu erarbeiten. Der Verweis auf etwaige andere künftige Projekte mit der Deutschen Umwelthilfe ist ein schwacher Versuch den politischen Willensbildungsprozess des Stadtrats im Fall von „Südvorstadt für alle“ umzusetzen. Es wird damit auch eine Chance vertan, die notwendige Transformation zum klimagerechten Wohnen auf eine breitere gesellschaftliche Basis zu stellen. Dies hätte ein kooperativer Prozess mit den o.g. Beteiligten leisten können, wurde aber bislang – unserer Wahrnehmung nach – abgewehrt. Beim Thema klimagerechte Sanierung spielt außerdem nicht allein die Wärmewende (wie in Informationvorlage: Fernwärmenetz) eine Rolle, sondern auch weitere Aspekte, wie graue Energie, nachhaltige Materialien, Klimaanpassungsmaßnahmen u.a., die mit der in der Informationsvorlage genannten „Prüfung einer niedrigschwelligen Sanierung“ unzureichend und sehr unkonkret bleiben. Und: Klimagerechtes Wohnen geht nur mit sozialem Wohnungsbau einher. Dass die Inanspruchnahme von Fördermitteln lediglich geprüft werden soll – statt eine Mindestquote festzulegen – enttäuscht desweiteren.

4.) Wir stehen weiter für Gespräche und Kooperation mit der LWB, der Stadtverwaltung, Netzwerk Leipziger Freiheit, Stadtbezirksbeirat Süd und Wissenschaft bereit

Was meint „Südvorstadt für alle“? Und was ist im letzten Jahr alles passiert?

Am Mittwoch, 18.10.2023, 14 Uhr, wird im Stadtrat Leipzig über den Antrag „Südvorstadt für alle“ abgestimmt werden. Dem sind in den letzten eineinhalb Jahren verschiedene Entwicklungen vorangegangen und hat uns als Mieter*innen und Stadtteilinitiative intensiv beschäftigt. Eine umfangreiche Übersicht zu diesen Entwicklungen wollen wir Euch in den nächsten Tagen an dieser Stelle geben… Wir bitten noch um etwas Geduld. – Eine erste Vorschau aber kann folgende Übersicht aus einem unseren Treffen geben, weil wir uns über den Prozess auch immer wieder Orientierung verschaffen müssen. Die Übersicht beschreibt grob die Entwicklungen der letzten 12 Monate:

Grobe Übersicht zu den Entwicklungen von Oktober 2022 bis Oktober 2023, die zwei Blitze signalisieren, dass an dieser Stelle die LWB Entscheidungen noch vor der Ratsdebatte getroffen hat



Über den eigentlich schon viel länger laufenden Prozess (seit 2016) und die Idee zum Modellprojekt für eine soziale und klimagerechte Sanierung von 105 Wohnungen in der Leipziger Südvorstadt kann sich – bis zur Aktualisierung – in folgendem Blogbeitrag informiert werden.

Stay tuned!

Und: Wir brauchen Eure Unterstützung mit der Petition. Bis Sonntag 15.10. sollen noch kräftig Unterschriften gesammelt werden. Hier erhaltet Ihr Material dafür:

Unterstützt unsere Petition „Südvorstadt für alle“!

Südvorstadt für alle Petition

Wir wollen, dass 105 kommunale Wohnungen (Hälfte leer/bewohnt) in der Südvorstadt so saniert werden, dass Menschen mit geringen Einkommen sich diese Wohnungen auch nach einer Sanierung leisten können!

Und wir wollen, dass dafür im Leipziger Stadtrat ein Modellprojekt beschlossen wird, in dem soziale, ökologische und baukulturelle Standards zukunftsweisend miteinander vereint werden!

Wir fordern also von der städtischen Wohnungsgesellschaft (LWB) eine Sanierung, die die Verdrängung im Viertel nicht weiter anheizt!

Das sozial-ökologische Modellprojekt soll für diese drei Häuserblöcke (Baujahr: jeweils 1955) erstellt werden:

Drei kommunale Häuserblöcke (Baujahr 1955) in der Leipziger Südvorstadt: Kochstraße 13/15, Kochstraße 59-63, August-Bebel-Staße 81/83

Wir gehen davon aus, dass Verdrängung auf Viertel- und Nachbarschaftsebene stattfindet. Deshalb soll hier auf Stadtteilebene gegengesteuert werden. „Südvorstadt für alle“ bedeutet deshalb auch: Künftig genauer hinzuschauen, welche Sanierungsmaßnahmen welche Effekte in welchem Viertel haben.

Lest die ganze Petition, unterschreibt & verbreitet sie mit:
https://openpetition.de/!qnhvc

Kontaktiert uns für weitere Unterstützung & Fragen:
vernetzung-sued[at]protonmail[dot]com

P.S.: Nutzt auch unsere Sharepics, Abreisszettel und Sammelbögen zur Verbreitung der Petition

Zuhause bei Vonovia und Co: Wohnungsmarkt, Wohnerfahrungen, Wohnungskämpfe

Zuhause bei Vonovia und Co ist eine Informations- und Diskussionsveranstaltung mit Luise Postert, Geografin und Stadtforscherin, sowie den veranstaltenden Gruppen Mieteninitiative Anger-Crottendorf/Reudnitz  & Vernetzung Süd. Die Veranstaltung findet am 28. Februar 2023, um 18 Uhr im linXXnet, Brandstraße 15, statt.

Wohnen kann vieles bedeuten – Heimathafen oder Anlageobjekt, Gestaltungsmöglichkeit oder Fremdkontrolle, Nachbarschaft oder Kundenkartei. Konzerne wie Vonovia sind Vorreiter darin, Wohnen von einem Grundbedürfnis zu einer Profitquelle zu machen. Luise Postert hat eine Forschungsarbeit zu Vonovia in Connewitz geschrieben. Mit ihr wollen wir diskutieren, welchen Strategien das Unternehmen folgt, welche Erfahrungen die Mieter:innen machen und wie städtische soziale Bewegungen und Initiativen die Wohnnungsfrage beantworten.

Die Veranstaltung wird organisiert von:

Mieteninitiative Anger-Crottendorf/Reudnitz: leipzig-mieteninitiative@posteo.net bzw. Tel. 01575 1823106

Vernetzung Süd: vernetzung-sued@protonmail.com

P.S.: Weiteres zum Geschäftsmodell von Vonovia und wie sie den Wohnungsmarkt prägt, in der Broschüre „Vonovia – Ein Problem das immer größer wird“ (2022) von Knut Unger.